Bei seiner Rundreise durch Nord-England und den schottischen Highlands um Loch Tay logierte Schobermann für eine Nacht im Breadalbane House.
Er machte abends die Erfahrung in der hoteleigenen Bar, dass die Schotten einen besonderen Hang zum Mystischen haben. Man darf ihnen vielleicht nicht alles glauben, was sie sich in den Pubs zum Besten geben. Vielleicht dienen die fantasievollen Geschichten, die es in jeder Region dort gibt, dazu, für den dortigen Tourismus zu werben.
Schobermann probierte alles durch, das klebrige wohlschmeckende schwarze Stout-Bier, das ohne Schaum bis zum Rand des Glases gefüllt wird, und natürlich das Nationalgetränk der Schotten, den unnachahmlichen goldgelben Malt-Whisky.
Zu fortgeschrittener Stunde setzte sich der Wirt, ein älterer, grauhaariger, wohlbeleibter Mann, mit einem gemütlichen Lächeln zu Schobermanns Reisegruppe an den Tisch.
Schobermann fiel auf, dass er humpelte, mehr hinkte als humpelte, weil er sein linkes Bein nachzog.
„Kriegsverletzung?“ fragte ihn Schobermann mitfühlend.
„No, it was an accident, a coincidence, very stupid.“
Er sagte, er wäre nach dem 2. Weltkrieg kurz in Deutschland stationiert gewesen, aber sein Handicap sei ein dummer Zufall gewesen. Er konnte etwas Deutsch; die Verständigung zwischen
der Reisegruppe und ihm war kein Problem.
Charles – mit den Vornamen hatte man längst angestoßen, fing an zu erzählen, indem er manchmal flüsterte und seine Stimme hob und senkte.
„Ich war später bei einem Abmusterungstreffen mit anderen Kameraden in einem richtigen Castle einquartiert.
Ich weiß nicht, weshalb, aber es gab Whisky „satt“!
Zu fortgesetzter später Stunde fragte der Quartiermeister, ob ein besonders Mutiger unter uns im Geisterzimmer unterkommen wolle. Es bestünde Platzmangel, und dieses Zimmer wäre in einem alten Anbau.
Weil wir alle betrunken waren, wollte keiner von uns als ängstlich gelten.
Wir knobelten, und ich war der „Auserwählte“.
Meine Kameraden machten Witze und drückten mir eine alte Smith&Wesson in die Hand.
„Wenn der Teufel dich holen sollte, schieß‘ ihn über den Haufen!“ lachten sie.
Ich stellte mein Bett in die Mitte des Zimmers, nicht ohne vorher unter mein Bett zu schauen, ob da einer drunter liegen könnte. Der Mond schien voll in mein altes Verlies. Irgendwo klirrten Ketten, eine Tür in dem alten Gemäuer knarrte, und ich hörte etwas fallen. Meine Pistole lag neben mir auf dem Kopfkissen.
Da hörte ich einen markerschütternden Schrei. Ich war schweißgebadet vor Angst, richtete mich auf und erblickte am Fußende meines Bettes eine schwarze Hand, die sich bewegte. Voller Angst richtete ich den Lauf meiner Pistole auf dieses Ungetüm und rief:
„Halt, ergeben Sie sich, oder ich schieße!“
Die Hand bewegte sich aufs Neue und schien auf mich zuzukommen. In diesem Moment drückte ich ab. Der Schuss ging los.
Seit dieser Zeit hinke ich auf dem linken Fuß.“