Er nervt!
Er geht mir auf den Geist!
Er bringt mich auf die Palme!
Er nimmt mich nicht ernst!
Er veräppelt mich!
Er hält mich zum Narren!
Er macht mit mir, was er will!
Er genießt seine Überlegenheit mit gegenüber!
„ER“, sagt meine Frau, „ist das unschuldigste, erbarmungswürdigste Tier unter der Sonne!“
„Infamie, Niederträchtigkeit. Häme, Heimtücke, Hinterhältigkeit, den Menschen das Leben schwer machen, kennt er nicht, was immer man ihm auch nachsagt!“ spricht sie weiter.
Ich glaube, Frauen sehen kleine, possierliche Pelztiere mit anderen Augen als Männer.
Dabei ist der Garten mein Hobby, bei dem ich glaube, die Regie zu führen!
Meinem Gerechtigkeits- und Ordnungssinn sollen sich einfach nur alle anpassen, die Ameisen, die Blattläuse, die Milben, die vielen Unsichtbaren, die in der Nacht im Gewächshaus und außerhalb davon die Kulturpflanzen wie Paprika, Rispen-Tomaten, Zucchini-Blätter und die Blätter der Obstbäume zur Unkenntlichkeit gekräuselt, angebissen, durchlöchert und gar aufgefressen haben.
Ich denke an das schöne Aussehen der Pflanzen, an den zu erhoffenden Ertrag, an die Kosten, die mir diese zerstörerischen winzigen Wesen bereiten, und nicht – wie sonst, wenn es mein Harmoniebedürfnis nicht gerade in den geschilderten Dimensionen trifft – an den Einklang der Natur und die Ehrfurcht vor dem Leben.
Er, das war zunächst mal der Maulwurf. Am Anfang hat er nicht weniger als 59 Hügel meinem kleinflächigen Rasen zugefügt. Täglich kamen neue dazu.
Ich habe die Haufen alle platt gemacht, mit dem Erfolg, dass sich die Spatzen in der sandigen, von der Sonne erwärmten Erde baden, um ihr Gefieder von kleinen Milben zu befreien.
Ich beriet mich mit meinem Enkel.
„Wehe, wenn du diesem armen Tier etwas antust, dann rede ich nicht mehr mit dir!“ war sein Kommentar, als er die alten, in der Garage gelagerten Fallen sah.
„Setze Glasflaschen schräg in die Löcher!“ riet er mir.
Einige Zeit war ich Sammler von kleinen bauchigen Glasflaschen, die ich schräg in die
gegrabenen Höhlen legte, damit der Wind schaurige Laute erzeugte, die dem Maulwurf
einen gehörigen Schrecken „fürs ganze Leben“ verpassen sollten.
Der umsichtige Enkel hatte sich vorher beim Gärtner erkundigt und diesen Tipp bekommen:
Ein wenig müssten die Flaschenhälse in Schräglage etwas aus dem Boden, der Grasnarbe, herausragen. Gesagt, getan.
Niemand hat daran gedacht, dass sich der Rasenmäher-Roboter, liebevoll von meiner Frau und mir „Robbie“ genannt, auf einer eingestellten Schnitthöhe von fünf Zentimetern mit einer dieser Flaschen nicht vertragen würde.
Zunächst fuhr er sich in den von Spatzen vertieften Erdsand-Kuhlen regelmäßig fest, so dass er, bedeckt durch den hochgewirbelten Staub, fast nicht wiederzuerkennen war. Die Säuberungsprozedur nahm er – im Gegensatz zu meinem Einsatz, ihn zu reinigen – willig auf sich.
Aber einmal – an einem späten Abend – schreckte ich aus dem Bett hoch!
„Wieso arbeitet da noch jemand im Dunkeln mit dem Trecker draußen?“, fragte ich mich.
Es war Robbie, der immer wieder aufs Neue an den Flaschenhals stieß und die Flasche dabei halb ausgegraben hatte. Sein Lärmpegel war nicht zu überhören.
Bei Tag sah ich die Bescherung: ein Messer hatte er verloren, ein weiteres von dreien war abgebrochen. Der herbei gerufene Enkel, der unter anderem in seiner Freizeit Drohnen baut, hatte den ganzen Tag zu tun, um Robbie auseinanderzubauen und ihn wieder mit im Internet bestellten Messern erneut betriebsbereit zu machen.
„Die Schuld an dem Dilemma musst du nicht dem Maulwurf geben!“ belehrte er mich,
„auch nicht dem Robbie. Die können nichts dafür.!“
Aus meinem Ärger wuchs Rachegefühl. Ich hörte von Karbid- und Buttersäure-Patronen, mit denen
befragte „Fachkundige“ ihre Maulwürfe vertrieben haben wollten.
Statt Flaschen sammelte ich nun eigenen Urin. Urin ist nicht gleich Urin, denn mein Diabetiker-Urin hat so einen scheußlichen Geruch, dass ich vor mir selbst davonlaufen könnte. Jedes Mal, wenn sich wieder ein Haufen ergab, schütte ich einen halben Liter in die Gänge. des Buddel-Wühlers
Der Rasen ist nun nicht mehr grün, sondern erdbraun. Offensichtlich mochte der Rasenvernichter meinen Urin nicht. Er machte sich jedenfalls aus dem Staub und seither nicht mehr bemerkbar.
Dafür „nervt“ mich ein anderer „ER“! Ein harmloser kleiner Spatz.
Dass Spatzen untereinander rechthaberisch, neidisch und zänkisch sein können, habe ich erlebt.
Kommt es mir – wie bei einigen Menschen – doch sehr bekannt vor! Aber was dieses Spatzenmännchen auf die Beine stellt, um auf sich oder sich auf mich aufmerksam zu machen, stellt alles, was ich bisher über Spatzen wusste, in den Schatten.
Jedes Jahr benutzen Herr Spatz und seine Ehefrau die unerreichbare Dachrinnen-Krümmung der Hausdach-Gaube eines Stockwerk-Dachfensters als Nistplatz.
Wann immer ich im Garten bin, bei der Arbeit oder beim Ausruhen auf der Liege, tschilpt „er“ mit einer Lautstärke, wie ich sie bei einem so kleinen Vogel nie für möglich gehalten hätte.
Er tschilpt nicht und singt auch nicht, er schreit schlechthin so ohrenbetäubend, als ob er am Spieß gebraten werden sollte. Dabei weiß er, dass man hierzulande kleine Vögel weder in irgendeiner Weise behelligt noch isst.
Nein, er mag mich einfach nicht. Er regt sich über mich auf, dass ich es wage, sein Reich zu betreten und ihm sein Imperium streitig zu machen.
Rufe ich ihn an oder klatsche ich in die Hände, fliegt er lediglich auf das Gartenhausdach und beschimpft mich von dort aus weiter.
Wende ich mich wieder meiner Gartenruhe zu, fliegt er sofort wieder auf die Dachrinne über dem Dachfenster und schreit weiter.
Ich frage mich, woher so ein kleiner Vogel mit so einer kleinen Kehle und so einer kleinen Futtermenge so viel Kraft, Energie und Ausdauer für eine so gewaltige Lautstärke den ganzen Tag über ununterbrochen aufbringen kann.
Woher ich weiß, dass es ein Männchen ist? Ich vermute es. Männer verteidigen und markieren ihr Revier, Männer führen Kriege und schreien am lautesten.