Der Beifahrersitz gebührte Herrn Schobermann, weil er der Älteste der Vierergemeinschaft war, die mit Utes Auto in den nächsten Ortsteil von St.Peter-Ording zum alljährlichen Kunstgewerbemarkt fuhr. Diese Art traditionelles Volksfest im September zieht auch viele Touristen und Kurgäste an.
Wo man sonst vielerorts Würstchenbuden sieht, gab es hier Stände mit Fisch- und Krabbenbrötchen und Kohleintopf, auch die traditionellen Dithmarscher Mehlbeutel, eine besondere Spezialität, weswegen Leute von weit her angereist kommen, um sich diese Köstlichkeit nicht entgehen zu lassen.
Zu sehen gab es viel zu viel: Glasbläserwaren, Tiffany-Arbeiten, Silber- und Modeschmuck, Porzellan, Stickereien und Spitzen, wobei zu erwähnen wäre, dass sich die Kunst des Klöppelns im Laufe von Jahrhunderten von Böhmen über das Erzgebirge, die Lausitz bis hin nach Holstein und Teilen von Dänemark ausgebreitet hat.
Bedingt durch durch das Fahren im Strandschlick vor ein paar Tagen war Utes Auto von oben bis unten mit Schlammspritzern „verziert“.
Mit Eindrücken und Käufen beladen, fuhren die Vier, die fast gehörlose Ute am Steuer, Petra, Reinhard und Herr Schobermann die Hauptstraße zurück.
Auf dem Nachhauseweg zwang sie das Rot einer Verkehrsampel zum Halten.
Herr Schobermann war verwundert, dass Ute lange aufmerksam in den Rückspiegel schaute. Da sie die Taubstummensprache erlernt hatte, las sie von den Lippen der Fahrerin des Wagens hinter ihr ab, wie sie zu ihrem Beifahrer sagte:
„Diese Dreckschleuder da vorn würde ich erst einmal gründlich waschen!“
Noch bei Rot stieg Ute zur Überraschung Schobermanns aus und lief zur Fahrertür, deren Scheibe zur Hälfte heruntergelassen war.
Zur Fahrerin sprach sie:
„Wohin soll ich die Schleuder denn hinfahren, damit Sie sie waschen können?
Wohin soll ich sie fahren?“
Ute sagte hinterher, sie hätte noch nie in ein so entgeistertes, verdattertes, total perplex aussehendes Gesicht gesehen. Die Frau und ihr Beifahrer scheinen wohl ab sofort an Telepathie zu glauben, mutmaßte sie.
Die Ampel stand auf Grün, und Herr Schobermann bekam beim Rückschauen aus dem Heckfenster
mit dem Augenwinkel mit, dass der Wagen der geschockten Fahrerin hinter ihm noch immer an der Kreuzung stand, während sie schon weit weg waren.