Vorweg, um allen Missverständnissen vorzubeugen: „Als Penthouse (eingedeutscht auch Penthaus, aus dem Amerikanischen, von mittelenglisch pentis „kleiner Anbau“, aus lat. appendix, altfranzösisch apentis „Anhang“) wurde im Englischen ursprünglich ein freistehendes Wohngebäude auf dem Dach eines mehrgeschossigen Hauses bezeichnet.“ So sagte es mir google.de.
Also ich habe es nicht gewusst, was ein Penthaus ist.
Bildungslücke? Ja und nein.
Neuwerk, eine kleine Nordseeinsel und Hamburger Exklave im Naturschutzgebiet Wattenmeer, kaum Bäume, in einer Stunde konnte ich die Insel umrunden.
Weideland, ein paar Schafe, ein paar Kühe, Pferde für die Pferdefuhrwerke, die Verkehr zum Festland nach Sahlenburg oder Cuxhaven-Duhnen und zurückfahren, wenn die Ebbe begonnen hat. Ein paar kleine Häuschen, zwei Bauernhöfe, ein kleines Bernstein-Museum, eine Jugendherberge, ein Schullandheim, ein winziger Tante-Emma-Kaufladen. eine Anlegestelle für das kleine Postboot und einer kleinen Fähre. Überall an den Wegrändern der intensive Duft der sich im Wind duckenden kleinwüchsigen Wildrose. Bemerkenswert: der Leuchtturm, trutzig, kompakt, viereckig, auch als Gastwirtschaft eingerichtet, Unterkunft nur für prominente Hamburger des Senats und deren Gäste.
Erinnernswert ist auch der altgediente Leuchtturmwärter Rose mit seinen Döntjes, mit dem ich manchen Stiefel und Kräuterschnaps zur Brust nahm, wenn ich nach Neuwerk kam.
Ach ja: Alle heißen hier Griebel, von der Jüngsten bis zum Ältesten, alle sind miteinander verwandt oder verschwägert. Sie nehmen Gäste auf und halten Pferde und Pferdefuhrwerke in Ordnung und auf Trab. Ein Lehrer unterrichtet zeitweise bis zu sechs Grundschüler mit dem Namen Griebel.
Wer als Übernachtungsgast kein Zimmer bekommt, aber durch die Tide, die Gezeiten, nicht mehr mit der Fähre aufs Festland kann, hat die Möglichkeit, gegen Entgelt in einer der Griebelschen Scheunen im Heu und im Stroh zu übernachten.
Zum Glück kamen meine liebe Frau Ursula und ich an ein winziges Häuschen, welches sich allerdings im Rohbau befand.
Unten wohnte und schlief ein Ehepaar in einer Art Wohnküche.
Wie im oder auf dem Kiekeberg-Museum dargestellt, wohnte man zusammen unten mit Nutztieren, die hier ständig gackerten. Zum Glück gab es zwischen ihnen und der Küche eine Wand mit verschließbarer Tür, so dass die Hühner als Mitbewohner zwar das ganze Terrain beherrschten, aber nicht in die Wohnküche durften.
Eine Hühnerleiter führte nach oben in einen winzigen Dachstuhl.
Auf unsere Frage an die Besitzer, ob man hier noch irgendwo übernachten könne, folgte zu unserer Überraschung ein „Aber klar! Das Penthaus ist frei.“
Meine Frau und ich sahen uns um: „Wo ist denn hier das Penthaus?“
„Na, oben! Wir müssen es nur noch überall sauber machen.“
Liegen waren schon oben, mit Planen zugedeckt, und der Hühnerstall oben musste erst einmal gereinigt werden. „Genießen Sie die Landschaft. Vertreten Sie sich die Beine! In einer Stunde können Sie rein! Wollen Sie noch was essen? Ich mache Ihnen noch was zum Abend fertig!“
„Was kostet denn bei Ihnen so eine Übernachtung in Ihrem Penthaus?“ war meine ängstliche Frage.
Pro Person bezahlt hier der Gast 50 Euro, Frühstück inbegriffen. Ziehen Sie oben den Kopf ein!
Zur Toilette müssten Sie allerdings die Leiter hinunter und bei uns den separaten Toilettenteil unten
in Anspruch nehmen. Dafür lassen wir auch das Licht die ganze Nacht brennen! Eine Wasserleitung finden Sie draußen neben dem Toiletteneingang!“
Wir berieten uns kurz und nahmen dann das Angebot an. Das Schlafen in der Scheune wäre ähnlich teuer gewesen, und zurück nach Cuxhaven konnten wir wegen der ungünstigen Tide nicht mehr.
Als wir mühsam unter Aufbietung aller sportlichen Möglichkeiten hoch oben ins Penthaus kletterten, stieß ich mir fürchterlich den Kopf am zu niedrigen Dachbalken.
Den Geruch von Hühnern und deren Kot war auch mit Schrubbern oder Besen nicht weg zu kriegen gewesen. Und alles war weiß, auch einmal weiß gestrichen, so dass wir das Weiß der Anstrichfarbe nicht vom Weiß des Hühnerkots unterscheiden konnten.
Wie ich fand, schlau gemacht mit der Farben-Tarnung.
Wir waren viel zu müde, um den Komfort des Penthauses zu genießen und fielen sofort erschöpft auf unseren den Dachraum gänzlich ausfüllenden Sofaliegen in den Schlaf.
Autsch! Nach einer weiteren Kopfnuss infolge unserer mangelnden Vorsicht vor dem Dachbalken nahmen wir am anderen Morgen das reichhaltige Frühstück in der Wohnküche ein, nicht ohne den Einfallsreichtum der Wirtsleute zu preisen. Wir beglückwünschten uns, nicht nachts von der steilen Hühnerleiter gefallen zu sein. Ein Geländer war ja nicht dran, denn Hühner brauchen bekanntlich kein solches. Wir waren so schlau, uns beim Hinauf- und Hinunterklettern der Hände und der Füße zu bedienen.
Bevor wir uns auf den Fußweg zur Fähre machten, konnte ich es nicht lassen, den netten Leuten beim Abschied zu sagen:
„Ich weiß jetzt endlich, was ein Penthaus ist! Es ist ein Haus, in dem man pennt!“