Prinzipienreiter

„Ein Dackel und ein braves Weib

sind manchmal gut zum Zeitvertreib.

Doch wer dafür Prinzipien bricht,

hochtrabend noch von Liebe spricht,

den mag ich nicht!“

Das dichtete einmal der Autor verärgert für einen langjährigen Freund.

Seit dieser Zeit meidet der Autor Dackel und deren Frauchen.

Prinzipien sind dazu da, Menschen, Maschinen, technische Abläufe, die Natur und überhaupt, den gesamten Erdball zu unterjochen und zu reglementieren.

Meine Frau spricht immer nur von einem Prinzip der Hoffnung, dass alles endlich besser werden würde. Damit kann ich wenig anfangen.

„Das kaufmännische Prinzip der Holding steckt wie die Faust im Nacken!“ versuchte mir jemand kürzlich die Prinzipien und ihre Verlässlichkeit zu erklären.

Da wurde mir richtig angst und bange!

Ein Satz, bei dem es vielen Menschen graust, denn wer möchte schon die Faust im Nacken und damit das Gefühl haben, unter Kontrolle zu stehen.

Mit technischen Geräten kann am besten Dieter umgehen, während ich, sein Freund, wahllos alle Knöpfe eines neuen Gerätes drücke und erst später die chinesische oder koreanische Beschreibung entdeckt hatte.

Souverän beherrscht Dieter die Technik wie kein anderer.

Zum Schein schaut er versonnen und verklärt auf seine Zuhörer und führt sich als Diskussionsleiter in eine Gesprächsrunde ein: durch seine Diplomatie, oder soll ich sagen, geistige Abwesenheit, seinen Selbsterhaltungstrieb mit Rücksicht auf seine Gesundheit, seine Ausgeglichenheit und seine Jovialität. Natürlich kann auch ihm passieren, dass ihm ab und zu die beiden Wörter „Im Prinzip“ entweichen. Alle Anwesenden, die den Kassenbon vom Supermarkt derweil kontrollierten oder Männchen auf ihren Block malten, zogen ihre Augenbrauen hoch.

Ein Philosoph ist, wer auf diese Weise sich in den Gesprächskreis einbringt, und so zuckten die müden Zuhörer seiner Ausführungen nervös zusammen, weil niemand mehr mit einer Anhebung des Themas rechnete und keiner wie ich mich und sie sich nicht trauten zu fragen, um welches Prinzip es sich handeln würde.

Als er dann abschließend mit dem Prinzip den Namen Kirkegaard erwähnte, wollte jeder Diskussionsteilnehmer unbedingt schnell nach Hause zu Weib und Kindern.

Mein Gott, wer war oder ist Kirkegaard? Ein Entertainer? Ein Show-Master? Ein Kirchenfürst?

Jeder klappte seine Tasche zu, ordnete noch schnell die Dokumente in selbiger und murmelte entschuldigend: „Meine Frau ist krank! Der Arzt war schon bei ihr. Es geht ihr nach dem Behandlungsprinzip den Umständen entsprechend.“ Er eilte aus dem Saal und weitere Personen folgten ihm: „Wir helfen ihm!“ riefen sie eilig dem Diskussionsleiter zu.

Bei „Wir sollten uns an freien Wochenenden in das Prinzip einarbeiten“, bekomme ich es mit der nackten Angst zu tun.

Von Dieter kann ich nur lernen.

Er nervt nicht, er geht niemandem auf den Wecker. Aber seine Anforderungen und Erwartungen an den Bürger sind sehr hoch.

Ich wünschte, er könnte einmal im Monat die heute 800 km überbrücken und mich besuchen.

Er weiß immer einen Rat, einen Ausweg, wie man am besten den Bartel überreden kann, damit er endlich sein Geheimnis preisgibt, wo man den Most holen kann. eine Alternative hinzufügt und, wo eine Konferenz über irgendwelche Prinzipien abgehalten wird.

Er hatte, soweit ich mich erinnere, eine Hausaufgabe an die Tafel geschrieben, frei nach Friedrich Schiller: „Welches Prinzip müssen wir anwenden, damit Deutschland noch regierbar bleibt, gemäß Schillers Aufruf: „Wir sollen sein ein einig Volk von Brüdern, und dürfen uns nicht trennen in Not und in Gefahr!“

Dazu müssten meine liebe Frau und ich aber im Keller eine Gelddruckmaschine haben, denn so eine Fahrt von München nach Hamburg kostet einmal hin 135,00 Euro und zurück, ich weiß nicht weshalb. Kann es sein, dass eine Ausreise-Maut-Mafia beim Verlassen der sowieso teuren Großstädte ihre Hände dabei im Spiel hat?

Berühmt ist der Ausspruch von Dieter „Besser ist das!“, besonders dann, wenn es keine zweite Alternative mehr gibt. Da war doch neulich so ein schnauzbärtiger Urbayer am Fahrkartenschalter und sah zum Fürchten aus wie einer vom königlich-bayrischen Amtsgericht anno dunnemals.

„Ja,ja, guter Herr, ich kaufe alles!“ zählte ich angstschlotternd im Hauptbahnhof München meine letzten Kröten ihm vor.

Da merkt jeder erst, wann die Trauben sauer sind, weil sie zu hoch hängen. Nur, das weiß keiner! Dass sie zu hoch hängen.

Das Umfeld meines Freundes weiß aber, dass saure Trauben nicht schmecken, wenn sie zu hoch hängen.

Suggestivfragen sind seine Spezialität.

Er bringt Leute dazu, etwas zu mögen, nach etwas zu verlangen, um das sie eigentlich sonst einen großen Bogen machen.

Wo lernt man so etwas? In der Großen Schule der Rhetorik habe ich das immer vergebens versucht, wie man es fertigbringt, dem Teufel die eigene Großmutter anzudrehen.

Wie man Trennungen, Scheidungen elegant über die Bühne bringt, ohne dass man dabei von allen Seiten in der Form Kritik einstecken muss, die von schnödem Verlassen oder einem bösartigen Wegwerfen einer über 30 Jahre andauernden Männerfreundschaft spricht, hätte ich gern erfahren.

Für den kleinen wie auch großen Sohn waren „Bällchen“ immer etwas Besonderes zur Entspannung. Dieters ständiger Spruch lautet: „Im Prinzip musst du den Ball streicheln.“

Seit dieser Zeit weiß ich nicht mehr, was ein Prinzip ist

Wenn Dieter nicht nur in jungen, sondern auch in älteren Jahren einen Ball auf der Straße sah, verstand er es, andere zum Spiel mit dem Treten gegen irgendein rundes Objekt zur Bewegung zu bringen.

Ich dagegen verstauchte mir öfter dabei den Fuß, weil ich entweder nicht rechtzeitig erkannt hatte oder nicht mitbekam, dass das runde Objekt aus Stein oder eine im Boden fest verankerte Eisenkugel war.

Was mag der ahnungslose Zuhörer wohl gedacht haben, als er Radio Eriwan (das waren im alten Russland und in der UdSSR, was die die Ostfriesen bei uns sind. Der nämlich rief den Sender Eriwan an und fragte: „Stimmt das, dass Hoffmannstropfen gut für die Verdauung sind?“

Antwort von Radio Eriwan: „Im Prizip schon. Aber wenn es sich um die Tropfen des Genossen Hoffmann handeln sollte, würde ich die Finger davon lassen.“

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