Zum 100. Jubiläum der ersten Radiowellenübertragung werden bei mir Kindheits- und Jugenderinnerungen wach. Alle Rundfunk-Erlebnisse waren meine schönsten – zu jeder Zeit!
Auf Grund meines Alters kann ich nur in Zeitsprüngen berichten.
Ein winziges Einkreis-Geradeaus-Detektorradio zu bauen waren für uns Jungen (Jahrgang <1935 und <) ein Muss während des Zweiten Weltkrieges und in der Nachkriegszeit in der sowjetisch besetzten Zone (SBZ).
Mit einer winzigen Kupferdrahtspule, die einen magnetischen Eisenkern enthielt, einem Kristallsucher, bestehend aus einem Stückchen Stanniolfolie und einer Nadel (der späteren Diode), einem Kopfhörer, einem Kondensator sowie einem Antennendraht konnte ich den Mittelwellen-Detektor ganz leicht bauen.
Natürlich sah das Miniradio ohne das Knistern der Nebengeräusche mit einem Gehäuse, das mit Bananenbuchsen ausgestattet war, besser aus, wenn die Eingänge (Antenne, Erde) und Ausgänge (Kopfhörer) sicherer angeschlossen wurden. Später kamen Bananenbuchsen und auch weitere Spulen dazu, damit die Wellenlängenbereiche gewechselt werden konnten.
Die Teile des Zusammenbaus erwarben wir Jungen in Elektrogeschäften.
Der Drehkondensator war die eigentliche Verbesserung des kleinen Radios und löste den primitiven Kristallsucher ab. Das Stanniolpapier mit „Suchnadel“ war die Garantie für ständiges Knistern und Knattern gewesen.
Unser kleiner Nebenverdienst erstreckte sich auch auf den Bau von Antennendrähten, die von einem Haus zu einem gegenüberliegenden Haus mit Bindfäden hochgezogen und mit Isolatoren aus Porzellan versehen wurden, um sie nicht zu erden. Die Isolatoren holten wir uns von Schuttbergen
zerbombter Häuser. In der Mitte des über die Straße schwingenden Drahtes wurde vor dem Hochziehen an den Häuserwänden von den jeweiligen Stockwerkfenstern auf beiden Seiten die Empfangsdrahtantenne angebracht Natürlich musste ich immer darauf achten, dass der die Litze eine Isolierhülle hatte, oder unisoliert in einen Porzellanisolator mündete, damit der Draht nicht geeerdet wurde. Undenkbar heute, einen Draht über eine Straße zu ziehen!
Der Drehkondensator war die eigentliche Verbesserung zum Empfang der Mittel- und Kurzwellensender.
Auch am Drehkondensator des gekauften Radios wurde der Drehspulfaden verändert, so dass der Empfangsbereich größer wurde.
Vor dem Krieg hatte mein Vater in einem Laden ein französisches Radio-Röhrengerät der Marke „Radiomuse“ gekauft. Nachbarjungen, die nur den kleinen „Volksempfänger“ hatten, beneideten mich deswegen.
Wir bekamen alle Sender, auch den „Feindsender Bum-bum-bum“, dessen Hören unter Strafe gestellt war. Das gleiche galt auch für die Westsender. wie RIAS oder Radio Hamburg .
In der Schule der DDR in Halle an der Saale wurden wir von den Lehrern ausgefragt, ob unsere Eltern diese „Feindsender“ hören würden. Wir antworteten stets: „Wir hören nur den Leipziger Sender!“
Zu Hause, bei verschlossenen Türen, hörten wir den Deutschen Soldatensender und RIAS Berlin.
Der Zeitsprung in die Fünfziger bescherte mir „im Westen“ die kleine SABA-Sabine“, ein damals 1960 gebautes kleines Röhrenradio, dem ich heute noch nachtrauere. In den Gaststätten leuchtete uns neben Flipperautomaten mit einem Groschen Einsatz die Musikbox mit den Singleplatten entgegen, bei denen man für einen Groschen (10 Pfennige) den Schlagern lauschen konnte, die man vorher im Radio gehört hatte. „So fängt es immer an“ ,“When“ „Der Mann von Larame“,-“Jambalaya“ ,“Tom Dooley“.
Dem „Tor, Toor, Tooor, Toooor!“, von Herbert Zimmermann in der wohl berühmtesten Radioreportage der bundesdeutschen Geschichte vom WM-Finale 1954 konnten die Älteren unter uns am Röhrenradio – meist noch ein Volksempfänger – live lauschen, Fernseher gab’s damals hierzulande so gut wie nicht. Ab 1955 kamen dann aber aber die die ersten viel leichteren Transistorradios auf den Markt.
Damals standen auf jeder Theke ein Berg mit Frikadellen, 30 Pfennig die Bulette, und ein Riesen- Glas mit Soleiern in einer Salzlake zu 20 Pfennig, zur Selbstbedienung.
Die Schallplatte wurde vom Tonband abgelöst.
Meine Freunde nannten meine Aufnahmen aus dem Radio „Hustebänder“, weil bei den Mikirophonaufnahmen Kindergeschrei und Erkäöltungshusten zu hören waren.
Wieder ein Zeitsprung bedeutet, die beste Musik kam Anfang der Sechziger von Radio Luxemburg mit Camillo Felgen und Chris Howland als „Mister Pumpernickel“.
Werbung gab es damals nur im Kino und durch den Rundfunk mit Einsendung einer Postkarte an Harris Bachelor als Gewinnspiel nach Changham, Bristol in England, ähnlich wie die Funklotterie in der Bundesrepublik von Just Scheu im NDR :
„Ja oder nein. das kann das Glück für dich sein!“ Es war die Zeit von „Bobby’s girl“, „Speedy Gonzales“, „Kriminal-Tango“–“Listen to the falling rain“,- „Peppino, die kleine Maus“ ,“Tanze mit mir in den Morgen“, „Sittin‘ in the Yaya“, „Paul and Paula“.
Und heute?
Heute gefällt mir die ausgewogene gemischte Musik von NDR1 Radio Niedersachsen, denn jede Zeit hat ihre gute Musik und gilt als eine Kulturepoche. Für jeden ist immer etwas dabei!
Auch die Jugend hört heute wieder auf Partys: „Griechischer Wein“ und andere alte Lieder!
Ist es nicht entspannend, sich zurückzulehnen, die Augen zu schließen und mal wieder eine alte Melodie zu hören?